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Die Ambivalente Stellung der Traditionellen Hebammen

In ländlichen und abgelegenen Regionen Ugandas stellen traditionelle Hebammen die Traditional Birth Attendants (TBAs) häufig die einzige Anlaufstelle für schwangere Frauen dar. Neben der Unterstützung in den Bereichen Schwangerschaft, Geburt und Säuglingspflege sind die TBA’s oft wichtige Vertrauenspersonen und Berater*innen der Frauen. Zudem bewahren sie traditionelles Wissen rund um Schwangerschaft, Geburt, Nachsorge und Heilpflanzen. Trotz dieser wichtigen Funktion wurde ihre Arbeit im Jahr 2010 von der ugandischen Regierung offiziell verboten. Seither dürfen TBAs nur noch beratend tätig sein oder Schwangere zu medizinischen Einrichtungen begleiten. Dennoch praktizieren viele weiterhin im Verborgenen.

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TBAs übernehmen seit Langem eine zentrale Funktion in der primären Gesundheitsversor-gung, insbesondere dort, wo medizinische Infrastruktur fehlt oder unzureichend ist. Ihr traditionelles Wissen, das meist über Generationen weitergegeben wird, umfasst nicht nur Geburts-techniken, sondern auch die Anwendung von Heilpflanzen bei Schwangerschaftsbeschwerden und in der Pflege nach der Geburt. Viele Frauen schätzen diese individuelle und kulturell verankerte Betreuung sowie die emotionale und physische Unterstützung vor, während und nach der Geburt. Darüber hinaus sind die Dienste der TBAs oft kostenlos oder sehr kostengünstig, was sie für viele Familien unersetzlich macht. Studien zeigen, dass die grosse Mehrheit der Frauen in ländlichen Regionen TBAs gegenüber staatlich geschultem Fachpersonal bevorzugt.

Trotz ihrer Bedeutung bleibt die Situation rund um TBAs in Uganda komplex. Die Müttersterblichkeitsrate ist mit mehr als 300 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten eine der höchsten in Subsahara-Afrika. Die Erreichbarkeit und Qualität geburtshilflicher Versorgung bleibt eine grosse Herausforderung. Viele TBAs verfügen über keine formale medizinische Ausbildung und haben keinen Zugang zu sterilen Instrumenten, Medikamenten oder Notfalltransporten. Gleichzeitig erschwert die gesetzliche Grauzone rund um TBAs seit 2010 eine effiziente Kooperation mit staatlichen Gesundheitseinrichtungen.

Statt TBAs zu verbieten, sollte ihr Potenzial genutzt und strukturiert in das staatliche Gesundheitssystem integriert werden, so Dr. Maud Kamatenesi-Mugishi, Epidemiologien, Ethnobotanikerin und Projektmitarbeiterin. Durch gezielte Schulungen, eine medizinische Grundausstattung und eine klare rechtliche Anerkennung könnten die Sicherheitsstandards verbessert werden, ohne dabei das kulturell verankerte Wissen zu verlieren. Eine Zusammenarbeit zwischen TBAs und medizinischem Fachpersonal würde nicht nur die Versorgung von Müttern und Neugeborenen verbessern, sondern auch den Respekt gegenüber lokalen Traditionen und Heilpflanzenwissen fördern, ist Kamatenesi-Mugisha überzeugt.
Die Kombination aus traditioneller Pflanzenheilkunde und moderner Medizin bietet eine Chance, die Gesundheitsversorgung von Müttern und Neugeborenen nachhaltig zu stärken. In einigen Regionen laufen Pilotprojekte, die auf eine solche Zusammenarbeit hinarbeiten und TBA’s eine formale Grundausbildung ermöglichen wollen.

Quellen und weitere Informationen:
Traditional birth attendants, Kamatenesi-Mugisha et al., 2025 (unveröffentlichter Bericht).
https://www.newvision.co.ug/news/1319203/revisiting-policy-traditional-birth-attendants?utm